Paracetamol, ganze 20 Tabletten bekommt man schon für unter einen Euro in so gut wie jeder Apotheke ganz ohne Rezept. So einfach kommt man an das Schmerzmittel ran.
Im Allgemeinen hat Paracetamol einen guten Ruf als harmloses Schmerzmedikament und um Fieber zu senken. Nach der Einnahme von Paracetamol kann man ohne Probleme arbeiten gehen und man bleibt funktionsfähig. Es hat scheinbar keine Auswirkungen auf unseren geistigen Zustand, wie z.B. stärkere Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Kodein.
Aber hat Paracetamol wirklich wirklich keine kognitiven Auswirkungen?
Es gibt mittlerweile Studien, die zeigen, dass Paracetamol doch auch eine kognitive Wirkung hat. Bereits im Jahr 2009 zeigte eine Studie, dass Paracetamol den Schmerz sozialer Ablehnung zu dämpfen scheint.
Und eine Studie, die vor wenigen Tagen veröffentlicht wurde, hat nun gezeigt, dass Paracetamol unser, durch existentiellen Ängste sensibilisierte moralische Bewertungssystem, abstumpfen kann. Existentielle Angst kann z.B. entstehen, wenn man sich intensive Gedanken über den Tod macht.
Spannend finde ich den Aufbau des Experiments: Menschen reagieren auf „existentieller Angst“, die meist einfach nur ein diffuses, unbehagliches Gefühl verbunden mit Unsicherheit ist, oft mit einem Kompensationsmechanismus, und legen allgemeine Gesetzte oder moralische Werte strenger aus, da diese Ordnung und Sicherheit wieder herstellen. Diesen Effekt haben sich die Forscher zu Nutzen gemacht und die Probanden, welche entweder 1000mg Paracetamol oder einen Placebo erhalten haben, in zwei Gruppen geteilt. Eine Gruppe sollte etwas darüber schreiben, was nach ihrem Tod mit ihrem Körper geschieht (um existentielle Angst zu induzieren) und die andere Gruppe sollte über ein nicht-existentielles Thema schreiben, in jenem Fall über einen Zahnarzt-Besuch. Danach sollten beide Gruppen über die finanzielle Strafe entscheiden, die eine Person erhalten sollte, die für Prostitution verhaftet wurde. Die Gruppe, die über den Tod schreiben sollte und den Placebo erhalten haben, setzten die Strafe deutlich höher, als die Gruppe, die über den Zahnarzt-Besuch geschrieben hat. Diejenigen, die jedoch Paracetamol erhalten haben, waren unbeeindruckt von dem Schreiben über den Tod und verhängten eine ähnlich niedrige Strafe wie die, die nur über den Zahnarzt-Besuch schreiben sollten.
Das Experiment wurde mit einem ähnlichen Setting nochmal wiederholt, wobei hier jedoch die Angst durch das schauen eines Films von David Lynch induziert wurde. Die Kontrollgruppe durfte Simpsons schauen. Und die Frage nach der Bestrafung zielte auf Teilnahme eines Hockey-Riot. Die Forscher kamen zu dem selben Ergebnis, dass Paracetamol die Strenge moralischer Bewertungen abstumpft.
Die Erkenntnisse werfen natürlich Fragen auf: Sind die Medikamente, die wir als harmlos betrachten wirklich so harmlos und haben sie nicht noch andere Wirkungen, die uns bis jetzt einfach noch nicht bekannt sind? Was für andere kognitive Auswirkungen hat Paracetamol noch, die uns einfach noch nicht bekannt sind?
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