Klinikalltag

5 Dinge, die man auf der Intensivstation hinterfragen sollte

5 Dinge, die man auf der Intensivstation hinterfragen sollte - sind die durchgeführten Maßnahmen sinnvoll oder nur Teil der Routine...

Das „American Board of Internal Medicine“ (ABIM) hat die Initiative „Choosing Wisely“ ins Leben gerufen, durch die Ärzte, Patienten und Pflegekräfte sensibilisiert werden sollen, ob die gewählten Therapien und Maßnahmen auch wirklich notwendig sind.

Unter anderem wurden auch die Intensivmediziner befragt, welche Maßnahmen man auf der Intensivstation reduzieren könnte, ohne dass die Versorgung des Patienten darunter leidet.

Insgesamt standen 58 Punkte auf der Liste, die in Erwägung gezogen wurden und in die Top 5 haben es geschafft:

 

Top 1

Diagnostische Tests sollen nicht in regulären Intervallen verordnet werden (wie z.B. jeden Tag) sondern nur im Zusammenhang mit einer klinischen Fragestellung.

Don’t order diagnostic tests at regular intervals (such as every day), but rather in response to specific clinical questions.

Zu den diagnostischen Tests gehören tägliche Röntgen-Aufnahmen (Rö-Thorax), Blutentnahmen sowie BGA-Kontrollen nach Schema.

Top 2

Keine Transfusion von Erythrozyten bei hämodynamisch-stabilen, nicht blutenden Intensivpatienten, mit einem Hb von über 7 g/dL.

Don’t transfuse red blood cells in hemodynamically stable, non-bleeding ICU patients with a hemoglobin concentration greater than 7 g/dL.

Studien haben gezeigt, dass eine Transfusion bei einem Schwellenwert um 7 g/dL  zu einem gleichen bzw. besseren Outcome geführt im Vergleich zu einem höheren Hb-Wert als Auslöser zur Transfusion.

Top 3

Keine Gabe von parenteraler Ernährung in den ersten sieben Tagen des Intensivaufenthalts bei kritisch-kranken Patienten mit gutem Ernährungszustand.

Don’t use parenteral nutrition in adequately nourished critically ill patients within the first seven days of an ICU stay.

Die Gabe von parenteraler Ernährung innerhalb der ersten sieben Tage eines Intensivstationsaufenthalts ist im Bezug auf Überlebensrate und Länge des Intensivaufenthalts ohne Nutzen bzw. eher schädlich.

Top 4

Keine tiefe Sedierung von beatmeten Patienten ohne spezifische Indikation und ohne täglichen Versuch die Sedierung zu reduzieren.

Don’t deeply sedate mechanically ventilated patients without a specific indication and without daily attempts to lighten sedation.

Auf vielen Stationen hat es sich eingebürgert, beatmete Patienten recht tief zu sedieren. Dies verlängert jedoch die Beatmungszeit, sowie die Intensiv- und Krankenhausaufenthaltszeit.

Top 5

Keine Weiterführung der lebenserhaltenden Maßnahmen bei Patienten mit einem höhen Sterberisiko oder der Aussicht einer Genese mit starken funktionalen Einschränkungen ohne dem Patienten oder den Angehörigen die Möglichkeit eines palliativen Ansatzes anzubieten.

Don’t continue life support for patients at high risk for death or severely impaired functional recovery without offering patients and their families the alternative of care focused entirely on comfort.

Mittlerweile ist in der Intensivmedizin so viel möglich und so ist es manchmal schwer, nicht den Willen und das Wohl des Patienten aus den Augen zu verlieren. Wichtig ist es, dass Patienten und Angehörige auch über die palliative Option aufgeklärt werden, um Leiden am Ende des Lebens zu minimieren.

Link: Critical Care Societies Collaborative – Critical Care – Five Things Physicians and Patients Should Question

Über den Autor

Matthias

Medizinstudent, Papa, (ehemaliger) Gesundheits- und Krankenpfleger auf einer großen Intensivstation sowie leidenschaftlicher Blogger und Jogger.

4 Kommentare

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  • Das andere Problem ist leider, das sich bei manchen Patienten zu streng an der Vorgabe von einem Hb 7,0 festgehalten wird. Der Pat erhält dann zu spät das Ek. Ende vom Lied er bleibt eine Nacht länger und bringt kein Geld.
    Was das aufklären über Palliative Ansätze betrifft, stecken wir hier seit Jahrzehnten in den Kinderschuhen, wenn der Arzt sich nicht zufällig mal selbst mit dem Thema auseinander setzen musste, fehlt es häufig an Kenntnissen, was alles möglich ist bzw welche Konzepte, Projekt oder Ansätze es in seiner Stadt gibt, vom persönlichen Versagen mal ganz abgesehen.
    Häufig fehlt die Kommunikation mit der Pflege, viele Dinge lassen sich bei einer guten Patientenbeobachtung schon im Ansatz erkennen, bevor die Infektparameter steigen bzw. das Labor Aufschluss darüber gibt. Von der Sinnhaftigkeit der Blutentnahmen direkt nach OP Ende, lässt sich auch diskutieren.